Gespeichert von td am
Mit #unibrennt begann ich, Politik nicht nur passiv via den Medien zu konsumieren, sondern selbst aktiv zu werden. Als "einer von vielen" habe ich versucht, die Anliegen von #unibrennt in den politischen Diskurs - in den Hochschuldialog - zu tragen.
Gleichzeitig begann auch mein Engagement in der Fachschaft Informatik und in der HTU Wien. Ich stieß auf tolle, engagierte Leute, die sich gegenseitig unterstützen, die nicht nur alles hinnehmen und in Ohnmacht verfallen, sondern sich selbst mit gesellschaftlichen Verhältnissen auseinander setzen und versuchen, aktiv etwas daran zu ändern. Selbst stürzte ich mich relativ rasch auf die Gremienarbeit. Das ist der Ort für mich, wo ich direkt auf das Geschehen an der Uni Einfluss nehmen kann. Ich wurde auch relativ schnell Ersatzmitglied und schließlich Hauptmitglied im Senat. Auf engagierte Leute ist das damalige Vorsitz-Team (Bianka, Peter und Ulf) immer aktiv zu gegangen. Es wurde versucht, möglichst alle, die Interesse zeigen, ein zu binden und deren Engagement zu fördern.
Im gesellschaftspolitischen Bereich war es an der HTU immer etwas mager. Es wurde zwar zur no-WKR-Demo oder zur internationalen Frauendemo am 8. März aufgerufen und auch die Beteiligung an der Regenbogenparade war immer ein Fixtermin. Doch mit den ÖHs an anderen Unis, wie z.B. der Uni Wien oder der Bundesvertretung konnte man nicht mit halten. Auch das Engagement der verschiedenen Fachschaftslisten ist in keinster Weise vergleichbar mit der Antirassimus- oder Antifaschismusarbeit der GRAS oder des VSStÖ. Ich selbst habe mich auch deutlich mehr auf die Arbeit im bildungspolitischen Bereich gestürzt. Es fehlte einfach an den gesellschaftspolitisch interessierten bzw. tatsächlich engagierten Leuten. Möglich wäre vieles. So war zumindest immer das Credo hier an der HTU Wien.
Ein weiteres wichtiges Element der HTU war das starke Selbstverständnis als basisdemokratische Universitätsvertretung, bei der die Macht von den Fachschaften (sprich: den Studienvertretungen) ausgeht. Es war auch egal, ob eine Fachschaft jetzt die Fraktion "Fachschaftsliste" bei den Wahlen alle zwei Jahre unterstützt oder nicht. Aus dem Selbstverständnis ergab sich, dass alle Fachschaften gleiches Mitspracherecht haben sollen, egal wo sie stehen. So war das damalige Vorsitz-Team immer sehr bemüht, auch die Fachschaften, die der Fachschaftsliste sehr kritisch gegenüber standen (im speziellen die Informatik und die Architektur), aktiv in die Arbeit und in die Entscheidungen einzubinden. Dass das nicht immer einfach ist und Konflikte auch oft öffentlich ausgetragen wurden, war klar. Die HTU wurde deshalb auch von den ÖHs anderer Unis oft komisch angesehen. Aber das Selbstverständnis, dass die Macht von den Fachschaften ausgehen soll, egal wo sie stehen, stand hier immer an erster Stelle. Darin begründet liegt auch die (oft kritisierte) Tatsache, dass sich die Fachschaftsliste kein eigenes politisches Profil verpasst. Dieses sollte ja durch das Engagement der Fachschaften geformt werden.
Mit der ÖH Wahl 2011 hat sich nun aber einiges verändert. Nach der Wahl begann es schon bald, dass vom neuen Vorsitz gegen Gruppen, die eine andere "Farbe" haben, aktiv Stimmung gemacht wurde. Im Speziellen gegen die GRAS, dem VSStÖ und die Fachschaft Architektur. Auch das Fachschaften- und Referatetreffen verlor relativ schnell seine zentrale Rolle. Entscheidungen wurden nicht mehr basisdemokratisch getroffen, sondern vom Vorsitz vorgegeben. So z.B. die Veranstaltung einer Vollversammlung im Oktober, oder das Abschiedsfest für das ehemalige Rektorat. Auch in den Stipendien-Senat hat sich der Vorsitzende einfach mal selbst entsandt. Bis heute wurde davon nicht am Fachschaften- und Referatetreffen berichtet. Gerechtfertigt wurde dies meist mit pragmatischen Gründen. Auch die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe zum Fachschaften- und Referatetreffen selbst werden nicht ernst genommen. Eine der größten Forderungen, nämlich, dass die Fachschaften- und Referatetreffen mit den eingebrachten Themen öffentlich angekündigt werden, wurde bis heute nicht umgesetzt. Generell ist der basisdemokratische Anspruch weit in den Hintergrund gerückt. Die Meinung des Fachschaften- und Referatetreffen spielt inzwischen eine deutlich geringere Rolle, als dies unter dem letzten Vorsitz der Fall war. Der basisdemokratische Anspruch musste dem Alltags-Pragmatismus weichen.
Ein weiteres großes Thema, dass auch die Fachschaft Informatik intensiv beschäftigt, ist der Konflikt zwischen Presse-Referat und Frauen-Referat. Seit letzten Mai muss das Frauen-Referat um jeden Artikel, den es im htu_info veröffentlichen will, kämpfen. Defacto wird hier die Arbeit einer der wenigen gesellschaftspolitischen Inseln auf der HTU aktiv behindert bzw. demotiviert. Inzwischen läuft der dritte Mediationsversuch an. Ich begrüße es auch, dass hier eine möglichst harmonische Form der Konfliktlösung gewählt wird, auch wenn ich mir wünsche, dass innerhalb der letzten acht Monaten etwas mehr Fortschritt erreicht worden wäre. Gleichzeitig ist aber das Presse-Referat auch schon länger auf der Suche nach einer neuen Referentin bzw. einem neuen Referenten - bis jetzt noch erfolglos. Dies ist aber auch nicht sehr verwunderlich, da nicht mal die Leute in den Fachschaften wissen, dass das Presse-Referat derzeit eigentlich nur übergangsmäßig geleitet wird.
Es wäre aber eine generelle Neugestaltung des htu_info sehr wünschenswert. Von kritischen Artikel fehlt zur Zeit ja jede Spur. Natürlich braucht es dazu auch Leute, die kritische Artikel schreiben, aber zumindest die kritischen Artikel des Frauen-Referats werden ja aktiv verhindert. Als positives Beispiel für eine Zeitung einer HochschülerInnenschaft könnte aber die der ÖH Boku dienen. Dass die Fachschaft Informatik dann in so einem Konflikt auch klar Stellung bezieht, sollte eigentlich auch nicht für viel Verwunderung sorgen.
Dass aber ein Sachbearbeiter, der sich auf seiner privaten Facebook-Seite negativ über den Vorsitz oder das Presse-Referat äußert, sofort vom Vorsitz abgesetzt wird, geht dann eindeutig zu weit. Auch hier würde es deutlich harmonischere Formen der Konfliktlösung geben.
Ich wünsche mir wieder eine HTU, in der Engagement belohnt wird. Eine HTU, in der es auch wieder möglich ist, Konflikte aus zu tragen und nicht sofort mit der Repressions-Keule geschwungen wird, wenn mal Missstände angeprangert werden. Eine HTU, die ihren basisdemokratischen Anspruch wieder an die vorderste Stelle stellt. Eine HTU, in der gesellschaftliches Engagement aktiv unterstützt und nicht behindert wird. Ich wünsche mir weniger Arroganz vom Vorsitz. Allgemein vermisse ich den Anspruch "immer das Richtige zu tun", den das vorherige Vorsitz-Team so stolz vor sich her getragen hat.
Wie eine Organisation wirklich funktioniert, kann niemals an den Worten, sondern nur an den Taten gemessen werden. Diese werden dann sichtbar, wenn an größeren Projekten gearbeitet wird oder wenn Konflikte gelöst werden müssen. Derzeit bin ich davon jedoch massiv enttäuscht. Aber auch die Fachschaft Informatik hat sich da vor allem in letzter Zeit auch selbst einiges zu Schulden kommen lassen und war alles andere als ein Vorbild. Das ist aber eine andere Baustelle an der ich ebenfalls arbeite. Ich möchte mich jedoch auch in der HTU wieder wohl fühlen können.
Dieser Text soll zum Nachdenken anregen. Er stellt einige Missstände an den Pranger, mit der Hoffnung, dass daraus gelernt wird und sich in Zukunft wieder ein neues Selbstverständnis entwickelt. Es gibt in der HTU viele Personen, die ich sehr schätze und in die ich viel Vertrauen und Hoffnung habe. Bitte enttäuscht dieses nicht auch noch. Die HTU hätte eigentlich so viel Potential.