Das KZ Auschwitz bezeichnet einen Lagerkomplex, der aus dem größten Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, zwei weiteren Konzentrationslagern sowie 45 Nebenlagern im damals deutsch besetzten Polen bestand. Es handelte sich um die räumlich größte Ansammlung von Konzentrationslagern des Dritten Reichs, in denen über 1,35 Millionen Menschen ermordet wurden. In der Nachkriegszeit ist Auschwitz zu einem Symbol für den Holocaust geworden. Am 27. Jänner 1945 wurden die verbliebenen Häftlinge durch sowjetische Truppen befreit. Seither steht der 27. Jänner für das Gedenken an alle Opfer dieses beispiellosen, totalitären Regimes.
Über die rechtsextremen Gäste des WKR-Balls
Der Ballausschuss des Wiener Korporationsrings lädt jedes Jahr am letzten Freitag im Jänner zum feierlichen Höhepunkt aller "Corps, Burschenschaften, Verbindungsstudenten und Landsmannschaften" in einen der repräsentativsten Prunkräume der Republik, der Wiener Hofburg, ein. Dieses Großereignis zieht viele rechte bis rechtsextreme Politiker*innen nach Österreich, darunter auch zahlreiche Holocaust-Leugner*innen und Neonazis. Inzwischen gilt der WKR-Ball als wichtigstes Vernetzungstreffen der europäischen Rechten.
Schon in den letzten Jahren wurden deshalb auch die Proteste gegen diesen Ball immer lauter. Dieses Jahr fiel das Datum mit dem Holocaust-Gedenktag, dem 27. Jänner, zusammen. Das Gedenken an die Millionen Jüdinnen und Juden, die durch die Nazis ermordet und vernichtet wurden, fand auf diesem Ball jedoch keinen Platz. Im Gegenteil, eine deutliche Distanzierung zu rechtsextremem Gedankengut fällt den meisten Besucher*innen eher schwer. Dies spiegelt auch die Gästeliste wieder, aus der ich einige Persönlichkeiten herausgreifen will.
Als internationaler Stargast besuchte dieses Jahr Marine Le Pen, französische Präsidentschaftskandidatin der rechtsextremen Partei "Front National", den WKR-Ball. Sie übernahm den Front National 2011 von ihrem Vater, Jean-Marie Le Pen, welcher ebenfalls als regelmäßiger Besucher des WKR-Balls zählt. Während sich Marine Le Pen vom Antisemitismus ihres Vaters distanziert und versucht, die Partei vom rechtsextremen Rand mehr in Richtung Rechtspopulismus zu rücken, wurde Jean-Marie Le Pen in Frankreich schon mehrfach wegen Verhetzung und Leugnung des Holocausts verurteilt.
In der Vergangenheit wurde der WKR-Ball auch von zahlreichen Mitgliedern der rechtsextremen deutschen Partei DVU1, welche inzwischen mit der ebenfalls rechtsextremen NPD2 fusioniert ist, besucht. Anwesend waren unter anderem Andreas Molau, Matthias Faust, Patrik Brinkmann und Ingmar Knop.
Andreas Molau ist seit 2005 Vorstand der extrem rechten Gesellschaft für freie Publizistik, welche 1960 von ehemaligen SS-Offizieren und NSDAP-Funktionären gegründet wurde. Laut der, von den Chefredakteuren der "Zeit" initiierten Plattform "Netz gegen Nazis", zählt er zu den wichtigsten Köpfen der rechtsextremen Szene in Deutschland.3
Matthias Faust wurde 2009 Vorsitzender der DVU und ist seit der Fusion mit der NPD im Bundesvorstand ebendieser.
Der schwedische Millionär Patrik Brinkmann gilt als wichtiger Geldgeber der extremen Rechten in Deutschland. Laut "redok" vertritt Brinkmann keinen völkisch-biologischen Rassismus, sondern - im Sinne der neuen Rechten - einen kulturell geprägten: Es müsse Schluss sein mit dem "Wahnsinn der Einwanderung", mit der man "kulturelles Treibgut an Land" gezogen habe. "Das Kernproblem sind nicht die Juden, sondern die Muslime".4
Auf einem Foto sind sie gemeinsam mit Andreas Mölzer, einem FPÖ-Politiker, abgebildet, der sich immer wieder für die Vernetzung der extremen Rechten in Europa einsetzt.
Zu diesen Vernetzungs-Bemühungen zählen auch Kent Ekeroth von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten und Philip Claeys vom extrem rechten Vlaams Belang. Beide wurden vom FPÖ-Politiker Franz Obermayr zum Ball eingeladen.
Die Schwedendemokraten sind in den 80er-Jahren aus einem Zusammenschluss von nationalsozialistischen und faschistischen Gruppierungen in Schweden hervorgegangen, versuchen aber, in ihrem Auftreten ein gesellschaftstauglicheres Bild abzugeben.5 In der Öffentlichkeit hetzen sie aber, wie auch viele andere Gruppen der neuen Rechten, gegen Muslime.6 Ähnliches gilt auch für den belgischen Vlaams Belang, welcher sich aus dem Vlaams Blok gründete, der 2004 verboten wurde.
Auch die Familie Rosenkranz gilt als regelmäßiger Besucher des WKR-Balls. Barbara Rosenkranz kandidierte 2010 bei der Bundespräsidentenwahl für die FPÖ. Sie ist mit ihrem Mann regelmäßig bei Sonnwendfeiern der rechtsextremen Szene anzutreffen. Recherchen von "profil" ergaben, dass 2008 bei einer Sonnwendfeier, bei der Barbara Rosenkranz die Feuerrede hielt, auch nationalsozialistische Lieder aus dem Liederbuch der Hitlerjugend gesungen wurden.7 Ihr Mann, Horst Jakob Rosenkranz, gilt als rechtsextremer Publizist. Er ist unter anderem Herausgeber der vom DÖW als rechtsextrem eingestuften Zeitschrift "fakten". Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte 2003, dass die Bezeichnung von Barbara Rosenkranz als "Kellernazi" durch einen News-Journalisten zulässig war und keine Diffamierung darstellte.8
John Gudenus, ehemaliger FPÖ-Bundesratsabgeordneter und Vater des Wiener Landtagsabgeordneten und langjährigen Obmanns des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ), Johann Gudenus, besuchte den WKR-Ball dieses Jahr ebenfalls wieder. 2006 wurde er wegen Verletzung des Verbotsgesetzes verurteilt. John Gudenus meinte, die Existenz der Gaskammern in nationalsozialistischen Lagern bedürfe noch einer "physikalischen und wissenschaftlichen Prüfung" und im "Dritten Reich" hätte es überhaupt keine Gaskammern gegeben.9
Es sei auch noch der derzeitige FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache erwähnt, der auch die Eröffnungsrede hielt. Schon in seinen Jugendzeiten lernte er durch seine schlagende Mittelschulverbindung "Wiener pennale Burschenschaft Vandalia" führende Größen der rechtsextremen Szene in Österreich, wie Gottfried Küssel und Franz Radl, kennen.
Küssel gilt als Schlüsselfigur der österreichischen und deutschen Neonaziszene und wurde 2011 im Zusammenhang mit der rechtsextremen Homepage alpen-donau.info festgenommen. Im Jahr 1993 wurde er schon einmal wegen Wiederbetätigung zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Im Jahr 1989 nahm Strache an einer von der neonazistischen und 1994 verbotenen Wiking-Jugend organisierten Übung in militärischer Kleidung und mit für Paintball unüblichen Waffen teil. Bei diesem vom DÖW als neonazistische Wehrsportübung gedeuteten Treffen beteiligten sich auch bekannte österreichische Neonazis wie Andreas Thierry.
Nach dem Ball unterhielten sich auch zwei Personen unter den Nicknamen "Prinz Eugen" und "Eispickel" im Neonazi-Forum thiazi.net über ihren Besuch beim WKR-Ball und den Angriff auf den SPÖ-Politiker Albrecht K. Konecny, welcher an diesem Abend niedergeschlagen wurde: „Nein, ich war’s diesmal nicht, aber weiß, wer’s war. Du kennst ihn auch. Bekommst PN. Gut getroffen hat er. Der Konecny hat g’spritzt wie die Sau. Wie war das Tanzen, sah dich nachher nicht mehr.“10
Im selben Thread antwortet "Eispickel" auf die Forderung eines anderen Posters, "Gewalt sollte aus der politischen Diskussion verbannt werden" mit "Was ist denn das für ein Demokratengequatsche? Die alte rote Sau ist nicht irgendwer. Vor 70 Jahren hätte er einen Urlaub in Mauthausen gewonnen!"
Es wird vermutet, dass zumindest einer der beiden Personen zum Umfeld von Gottfried Küssel gehört.
Der WKR-Ball wurde 1952 von Viktor Hafner, Robert Drachus und Walter Wirth gegründet. Er wird jährlich vom Ballausschuss des Wiener Korporationsrings (WKR) organisiert und fand seit 1968 in der Wiener Hofburg statt. Der WKR bezeichnet sich selbst als Arbeitsgemeinschaft der farbentragenden Wiener Hochschulkorporationen. Laut DÖW wird der WKR jedoch von den rechtsextremen Verbindungen dominiert.12
Am WKR-Ball selbst als auch in den Interviews danach verglich Strache die Demonstrationen gegen den Ball mit den Novemberpogromen 1938, bei denen rund 400 Menschen ermordet sowie 30.000 jüdische Personen in Konzentrationslager gebracht wurden. Die Pogrome leiteten die systematische Verfolgung jüdischen Lebens ein, welche schließlich im Holocaust mündete. Eine solche Verharmlosung der Anfänge des Holocausts sowie die Opfer-Täter*innen-Umkehr reiht sich natlos in die politische Strategie der FPÖ ein und erzeugte diesesmal auch ein deutliches mediales sowie politisches Echo. Dazu möchte ich zum Abschluss auch noch den äußerst lesenswerten Gastkommentar von Natascha Strobl zu den politischen Hintergründen solcher Aussagen empfehlen.11
1 Deutsche Volksunion
2 früher: Nationaldemokratische Partei Deutschlands, jetzt: Nationaldemokratische Partei Deutschlands – Die Volksunion
3 http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/andreas-molau
4 http://www.redok.de/content/view/1414/36/
5 Rydgren, 2006: From tax populism to ethnic nationalism
6 http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-09/schweden-populisten
7 http://www.profil.at/articles/1015/560/266632/flamme-barbara-rosenkranz-lieder
8 http://www.humanrights.is/the-human-rights-project/humanrightscasesandmaterials/cases/regionalcases/europeancourtofhumanrights/nr/646
9 http://www.doew.at/projekte/rechts/chronik/2006_04/gudenus.html
10 http://www.profil.at/articles/1205/560/318298/rechtswalzer
11 http://derstandard.at/1326504270574/FPOe-als-Opfer-Wenn-Rechtsextreme-von-Verfolgung-reden
12 http://mokant.at/politik/1102-schiedel-interview-teil1.html
Diesen Artikel habe ich für die erste Ausgabe des Tódos zusammen gestellt, einer neuen Studierendenzeitung an der TU Wien. Da die Recherchearbeiten sicherlich auch längerfristig interessant sind, möchte ich diese - zur einfacheren Verlinkung - auch hier online stellen.